(7. April 2022) Die Stadt München setzt für Pflegekräfte, Ärzte, Therapeuten – generell für alle Mitarbeitenden in den Kliniken der Landeshauptstadt – ein starkes Signal: Sie finanziert dauerhaft Maßnahmen zur psychosozialen Unterstützung (PSU) in besonderen Belastungssituationen. Denn es gibt selten einen Ansprechpartner, jemanden, der zuhört, aufbaut, Hilfe anbietet, wenn man selbst keine Kraft mehr hat. Klinikmitarbeitende sind Helden ohne Schutzschild. In München gibt es deshalb jetzt eine zentrale Anlaufstelle für alle. Andrea Forster koordiniert über den Verein PSU-Akut individuelle und sofortige Hilfe oder vermittelt Gruppeninterventionen für das gesamte Team vor Ort. Bei ihrem gestrigen Antrittsbesuch im Rathaus waren sich deshalb Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) und PSU-Koordinatorin Forster einig: „Jetzt muss das Angebot vor allem bekannt werden!“ Also: Hier wird geholfen.
Drei Maßnahmenpakete kann Andrea Forster, die selbst viele Jahre als Pflegekraft auf einer Kinderintensivstation gearbeitet hat, anbieten: Die individuelle Vermittlung eines Kollegen, eines so genannten Peers, mit einer Ausbildung in psychosozialer Unterstützung. Angefragt werden kann dieser telefonisch über die PSU-Helpline, kostenfrei, vertraulich und anonym. „Einfach mal am Telefon mit einem Gegenüber auf Augenhöhe zu sprechen, alles rauslassen zu können, kann schon sehr viel Entlastung bringen“, weiß Koordinatorin Forster. Aber auch kostenlose Gruppeninterventionen vor Ort sind möglich. „Denn die wichtigste Ressource, die es derzeit im Arbeitsalltag gibt, ist das Team!“ So kann auch als drittes Paket vorausschauend präventiv ein Teamangebot bei ihr erfragt werden, um Mitarbeitende bereits vor belastenden Ereignissen oder einschneidenden Situationen zum Umgang mit diesen zu schulen und die eigenen Abwehrkräfte aufzubauen.
München ist in der glücklichen Lage, allen eine helfende Hand reichen zu können
„Die jetzt etablierten Angebote sind ein unverzichtbarer Baustein, der bis dato einfach gefehlt hat“, sagt die dritte Bürgermeisterin, Verena Dietl. Auch sie war einst Mitarbeitende im Gesundheitswesen und in der Pflege tätig. Die im Rathaus wichtige Ansprechpartnerin für den Sozial- und Gesundheitsausschuss musste also nicht lange überzeugt werden. Aus wichtigen Einzelprojekten der PSU und der Landeshauptstadt München der letzten Jahre ist jetzt eine dauerhafte Zusammenarbeit entstanden. „In München sind wir in der glücklichen Lage, allen eine helfende Hand zu reichen“, erklärt Dietl.
Zentral und niederschwellig, das waren die zentralen Aspekte in der Konzeption der Hilfsangebote. „Psychosoziale Unterstützung im eigenen Haus wird von Beschäftigten oft nicht angenommen“, weiß der Geschäftsführer von PSU-Akut, Andreas Igl. Die Sorge davor, dass individuelle Probleme – und hierdurch mögliche Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit dem Arbeitgeber – bekannt werden könnten, sei auf Seite der Arbeitnehmenden sehr groß. Auch Personen mit Leitungsaufgaben bräuchten Unterstützung, denn diese sind zum einen selbst belastet und haben zum anderen die Verantwortung für ihr Team. Igl betont daher gerne: „Es ist wirklich ein Leuchtturmprojekt, das die Stadt München heute an den Start bringt.“ Es darf und soll deutschlandweit Kreise ziehen.
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Pressesprecherin PSU Akut
Tel.: 089 230 69 60 41
E-Mail: presse@psu-akut.de
Weitere Hintergrundinformationen:
Pflegekräfte stellen die größte Berufsgruppe des deutschen Gesundheitswesens dar. Der berufliche Alltag erfordert von ihnen ein Höchstmaß an fachlicher Professionalität, persönlicher Sicherheit und Stabilität. Hohe Anforderungen, Zeitdruck, komplexe Krankheitsbilder, Konflikte, aggressive Patienten sowie starke Arbeitsauslastung und Personalmangel stellen sie immer wieder vor Herausforderungen und haben eine kontinuierliche Stressbelastung zur Folge. Berufsimmanent sind zusätzlich schwerwiegende Ereignisse, wie beispielsweise unerwartete Todesfälle oder Reanimationssituationen, insbesondere mit Kindern. Diese Aspekte des Berufsbildes können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, wie zahlreiche Studien belegen.
Für die Landeshauptstadt München konnten im Rahmen der Münchner Pflegestudie bereits vor der Pandemie konkrete Zahlen ermittelt werden: Bereits 2018 dachten demnach 36 Prozent der Fachpflegekräfte oft oder sehr oft daran, den Pflegeberuf aufzugeben. 28 Prozent planten dies konkret in den nächsten drei Jahren zu tun. Als Fazit aus der Münchner Pflegestudie ging hervor, dass es dringend Maßnahmen zur Personalgewinnung, zur Personalbindung und zur Personalentlastung bedarf. So etablierte PSU-Akut gemeinsam mit der Stadt München das Projekt „Krisenkompass“ – Angebote für Münchner Pflegekräfte zur Psychosozialen Unterstützung (PSU) bei besonderen Belastungssituationen. Im vergangenen Juli wurde das Projekt mit dem Münchner Pflegepreis 2021 geehrt.